Das Thema ist schon lange in den Medien angekommen: Tihange – was passiert, wenn es in dem maroden belgischen Atommeiler knallt? Diese und andere Fragen stellt Rangar Yogeshwar heute Abend in „Quarks und Co“ und versucht, Antworten zu finden. Antworten auf komplexe Fragen, die nur im Zusammenspiel vieler Partner gelöst werden können.
Auf deutscher Seite sind dies Anti-Atom-Initiativen, Parteien wie die GRÜNEN, Kommunen wie Stadt und Städteregion Aachen – aber auch viele andere Kommunen aus NRW – und Länder wie Rheinland-Pfalz und NRW, die sich der städteregionalen Klage gegen Tihange angeschlossen haben. Doch Deutschland kann zwar protestieren, kann und will sich jedoch nicht zu stark in belgische Hoheitsangelegenheiten einmischen.
Eine europäische Lösung muss her
„Atompolitik ist zwar eine Angelegenheit der Nationalstaaten, müsste aber eigentlich eine gesamteuropäische Aufgabe sein“, sagt die GRÜNE Ratsfrau Sabine Göddenhenrich, Vorsitzende des Umweltausschusses in Aachen. „Deshalb suchen wir schon seit langem den Kontakt über die Grenzen hinweg. Wir möchten gemeinsam mit den Nachbarstädten aus Belgien und den Niederlanden einen Weg finden, um letztendlich die Schließung des Risse-Reaktors zu erreichen.“ Daher haben die Aachener GRÜNEN nun einen Beschlussantrag in den Rat eingebracht, in dem sie eine „Trinationale Ratskonferenz der MAHHL-Städte“ einfordern. In dem Gremium der so genannten MAHHL-Städte (Maastricht, Aachen, Heerlen, Hasselt, Lüttich) solle über das Thema Atomkraft in der Euregio Maas Rhein beraten werden.
Sorgen in der Euregio ernst nehmen
„Wir möchten, dass unser Oberbürgermeister eine solche Konferenz mit der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern der Nachbarkommunen vereinbart“, meint Ulla Griepentrog, Fraktionssprecherin der Aachener GRÜNEN. „MAHHL halten wir für eine geeignete Plattform, um die Sicherheitslage zu beraten und die Verunsicherung der Bewohnerinnen und Bewohner unserer Euregio ernst zu nehmen. Das Ziel muss dabei sein, im Dialog mit den Ratsmitgliedern aus Belgien und den Niederlanden Alternativen in der Energieversorgung zu diskutieren, Bedingungen für eine mögliche Abschaltung der Reaktoren in Tihange aufzuzeigen und gegebenenfalls weitere gemeinsame Schritte zu vereinbaren.“
„Tihange abschalten“ zieht weite Kreise
Seit über einem Jahr läuft in der Region die erfolgreiche Aktion „Tihange abschalten“: Plakate und Aufkleber sind nach wie vor überall zu sehen, zahlreiche Diskussionen, Aktionen und Veranstaltungen fanden 2016 zum Thema statt. Unvergessener Höhepunkt: die große „Abschirmen unmöglich“-Demo im Juni am Europaplatz mit 4.000 Menschen, auch unter belgischer und niederländischer Beteiligung. Jetzt folgt von den GRÜNEN neben dem Antrag zur MAHHL-Konferenz noch ein weiterer Schritt:
„Nachdem wir in Aachen seit langem im Schulterschluss mit Initiativen und unterstützt von einem überwältigend großen Teil der Bevölkerung auf eine Abschaltung der Atommeiler in Tihange und Doel hinarbeiten, wollen wir das Thema noch einmal weiter in die angrenzenden NRW-Kommunen tragen. Wir haben die GRÜNEN Kreisverbände von Krefeld bis Bonn zu einem Arbeitstreffen am kommenden Freitag eingeladen“, sagt Dr. Susanne Küthe, Geschäftsführerin des GRÜNEN Ortsverbandes Aachen.
„Wir möchten gemeinsam erarbeiten, wie wir den Protest gegen Tihange in den NRW-Kommunen ausweiten können. Welche konzertierten Aktionen versprechen Erfolg, wie knüpfen wir an unsere vergangenen Aktionen an?“ Vorgestellt wird bei dem Treffen u.a. auch das Gutachten von Materialwissenschaftlerin Ilse Tweer, die vor einem weiteren Wachstum der Risse im Reaktorbehälter warnt und einen Weiterbetrieb der Atomanlage für unverantwortlich hält. Der GRÜNE Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer aus Düren wird ebenfalls an dem Treffen teilnehmen und seine Expertise in die Runde geben.
Gesamteuropäischer Atom-Ausstieg ist das Ziel
Die Aachener GRÜNEN fordern den gesamteuropäischen Ausstieg aus der Atompolitik sowie den Ausbau Erneuerbarer Energien als wirtschaftliche und ökologisch sinnvolle Alternative zur Stromerzeugung. Kaj Neumann, umweltpolitischer Sprecher der Aachener GRÜNEN: „Die Sicherheit der Menschen muss immer Vorrang vor den Gewinninteressen von Energiekonzernen haben. Wir müssen uns über die Grenzen hinweg weiter im Protest zusammenschließen. 80 Bürgermeister aus Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Deutschland waren im Frühjahr in Brüssel und haben Beschwerde im Namen der Bürgerinnen und Bürger eingelegt. Das MAHHL-Gremium könnte diesem Beispiel folgen und ein starkes Zeichen in Richtung der belgischen Regierung setzen: Tihange abschalten – und zwar jetzt!“