Die Schulpflegschaften der drei Aachener Gesamtschulen haben uns fünf Fragen zur Bildungspolitik in Aachen gestellt. Hier die Antworten unserer bildungspolitischen Sprecherin Karin Schmitt-Promny:
1. Wie beurteilen Sie die jetzige Bildungslandschaft unserer Stadt? Trägt sie der demographischen Entwicklung Rechnung und sind alle von den Eltern gewünschten Schulformen genügend vertreten?
Die Bildungslandschaft unserer Stadt bietet unter den gegebenen Bedingungen ein breites und qualitatives Angebot: wohnortnahe Grundschulen, die sich für einen gelingenden Einstieg in schulisches Lernen einsetzen, nahezu flächendeckend Offene Ganztagsgrundschulen (OGS), Hauptschulen, die bei allem Druck auf diese Schulform innovative Konzepte verfolgen, Realschulen und Gymnasien, die sich den veränderten Anforderungen an Lernen und Lehren stellen, Gesamtschulen, die von ihrem Modell her bereits integratives Lernen realisieren.
Wie die Überhänge bei den Gesamtschul-Anmeldungen zeigen, kann Aachen aber dem Wunsch nach längerer gemeinsamer Schule für alle Kinder noch nicht ausreichend nachkommen.
2. Der Städtetag hat ein Konzept entwickelt, dass den Kommunen freie Hand bei der Planung ihrer Bildungslandschaft lässt Ergebnis ist, dass ein Schulwechsel zwischen einzelnen Kommunen Eltern vor große Schwierigkeiten stellen wird, daz.B. in der einen Kommune integrative, in der nächsten additive Schulkonzepte angeboten werden. Wohin geht Ihre Überlegung für unsere Stadt?
Wir streben an, den Bildungs-Föderalismus in der BRD zu überwinden. Bildungspolitik ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Wir brauchen gemeinsame Standards, ein Bildungssystem, das allen Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Elternhaus gleiche Chancen bietet, ein Bildungssystem, in dem Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen und gefördert werden. Wir fordern ein Recht auf die beste Bildung für alle Kinder. Dazu wollen wir eine Gemeinsame Schule für alle Kinder bis zur 10. Klasse erreichen.
Wir wollen die Beteiligten an Schule, die SchülerInnen, die LehrerInnen und Eltern gewinnen, die Schulen dahingehend weiterzuentwickeln, wir wollen die wenigen Möglichkeiten der Gestaltung einer Kommune aktiv nutzen und in Düsseldorf, in der Landespolitik, die für Bildung zuständig ist, für die Überwindung des dreigliedrigen Schulsystems und eine ausreichende Versorgung der Schulen (Anzahl der Lehrkräfte und auskömmliche Sachmittel) streiten.
3. Seit Jahren verzeichnen die drei Gesamtschulen unserer Stadt über 250 Anmeldeüberhänge. Sehen Sie Handlungsbedarf? Und wenn ja, welchen?
Bei über 250 Anmeldeüberhängen an den Gesamtschulen ist Handlungsbedarf gegeben. Bei dem vorhandenen Angebot an Schulen und der zu erwartenden demographischen Entwicklung wird man aber keine weitere Gesamtschule bauen können. Es gilt also, im Rahmen des vorhandenen Schulangebotes eine Lösung zu schaffen, dem Interesse nach längerem gemeinsamen Lernen Rechnung zu tragen.
Einen Weg sehen wir darin, heute schon mögliche Kooperationen zwischen Schulen unterschiedlicher Schulformen des gegliederten Schulsystems, in dem Schulen eine gemeinsame Verantwortung für den Lernerfolg ihrer SchülerInnen übernehmen, voranzubringen. Aus dieser Kooperation sollte sich eine Integrierte Stadtteilschule entwickeln, wie wir es für die Schulen im Aachener Ostviertel vorgeschlagen haben. Die Entwicklung und die Auseinandersetzungen in diesem Jahr haben gezeigt, welch ein schwieriger Prozess dies ist und sein wird.
4. Die jetzige Landesregierung legt Neugründungen von Gesamtschulen viele Steine in den Weg. Ein Verhinderungsgrund ist, dass Gesamtschulen entgegen ihrer pädagogischen Konzeption keine Ganztagsschulen werden dürfen. Was sagen Sie dazu, dass anderen Schulformen die Umstellung auf Ganztagsunterricht nahegelegt wird, die neuzugründenden Gesamtschulen dieses "Kernstück" ihrer Pädagogik aber nicht mehr anbieten dürfen?
Die Schulen der Zukunft sollen und werden, das zeigt auch die aktuelle Entwicklung, Ganztagsschulen sein. Jetzt gerade in diesen Tagen den Gesamtschulen den Ganztag nicht zu genehmigen, der grundlegendes Element der Pädagogik dieser Schulen ist, ist der Ideologie der Landesregierung geschuldet und dient dazu, die Ansätze zu mehr gemeinsamen Lernen für alle Kinder zu torpedieren und an der Verteidigung des dreigliedrigen Schulsystems festzuhalten.Wir Grünen wenden uns auf Landesebene und in den Kommunen gegen diese Politik.
5. Immer mehr Kindergärten und Grundschulen arbeiten integrativ, d.h. auch Kinder mit Handikap werden dort betreut und gefördert. Selten erfolgt die Beschulung dieser Kinder in den weiterführenden Regelschulen. Gemeinsamer Unterricht und Unterricht in integrativen Klassen muss dringend ausgebaut werden. In unserer Stadt gibt es im SI-Bereich kaum Angebote des gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne Behinderung. Der Elternwunsch ist da, aber bisher wurde diesem politisch kaum Rechnung getragen? Wie werden Sie agieren?
Wenn Sie unsere Arbeit kennen, wissen Sie, dass wir uns für den Ausbau des Gemeinsamen Unterrichts für Kinder mit und ohne Behinderung in der Stadt und auf Landesebene einsetzen und dass wir versuchen, Schulen, gerade im Sek I –Bereich dafür zu gewinnen, Kinder mit Behinderung aufzunehmen.Aber wir wollen Integration und nicht nur Gemeinsamen Unterricht. Wir fordern die dazu notwendigen Lehrkräfte, eine ausreichende Zahl an Sonderpädagogen an den Schulen und eine Festlegung der Klassengröße für Integrative Klassen.
Es geht nicht an, dass wir gemeinsamen Unterricht ausbauen, ohne dass diese Ressourcen gegeben sind, dass für die GU-Klassen die gleichen Bedingungen mit bis zu 30 Kindern in der ersten Klasse gelten.