Der Saal war voll. Sehr viele Mitglieder und interessierte BürgerInnen waren am 21.10.09 in die Aachener Gaststätte Franz gekommen, um über den von GRÜNEN und Christdemokraten ausgehandelten Koalitionsvertrag zu beraten und ihr Votum abzugeben.
Die Stimmung war sehr gut. Bei vielen war der Wille spürbar, diese neue wenngleich bisher auch ungewohnte Partnerschaft einzugehen. Eine Art Aufbruchstimmung.
Ein schwarzer Gast
Ungewöhnlich war sicherlich der Besuch des christdemokratischen Fraktionsvorsitzenden, Harald Baal. Seine kurze Ansprache begann er mit den Worten:
„Es ist sicherlich ungewöhnlich, dass ein Schwarzer bei einer grünen Mitgliederversammlung vorbeischaut! Aber das Papier, das wir ausgehandelt haben, ist auch ungewöhnlich!"
Ungewöhnlich, ein Wort, das an diesem Abend noch häufiger fiel. Ungewöhnlich, weil eine schwarz-grüne Koalition bis vor einigen Wochen noch undenkbar war. Sozialamtsleiter und Gründungsmitglied der GRÜNEN, Günter Schabram, erklärter Befürworter des ausgehandelten Papiers, brachte es auf den Punkt:
„Ich hätte nie zu wagen geglaubt, dass dies dabei rauskommt. Die schwarze Honorationenpartei, die wir jahrelang bekämpft haben, hat sich zu einer modernen Stadtpartei entwickelt und ist nun unser Partner.“
Dann wandte er sich an Michael Rau, Fraktionssprecher der GRÜNEN, und fragte: „Michael, wie kommst Du damit klar?“
Michael Rau: „Es ist in der Tat so, dass ich mir diese Konstellation vor Wochen nicht hätte vorstellen können. Wir kommen aus verschiedenen Lagern, haben unterschiedliche Geschichten und politische Kulturen. Aber die vielen Gespräche, die wir im Zuge der Verhandlungen geführt haben, haben mir gezeigt, dass sowohl wir als auch die CDU sich in den letzten Jahren verändert haben. Man muss aber auch beachten, dass Kommunalpolitik immer konkrete Sachpolitik ist. Anders als auf Bundesebene!“
Harald Baal ergänzte augenzwinkernd: „So verschieden sind wir nicht mehr. Was Sie als Grün empfinden, ist für uns schwarze Politik!“
Der Verhandlungsmarathon
Zu Beginn der Veranstaltung skizzierte Parteisprecherin Sabine Göddenhenrich zunächst die Entwicklungen der vergangenen Wochen, von der Kommunalwahl am 30.08.09 bis zur Mitgliederversammlung. Sie beschrieb die Gründe für das Scheitern der Ampel-Gespräche, die die GRÜNEN sehr ernsthaft, mit sehr viel Engagement und Kompromissbereitschaft geführt haben. Die Forderungen der Liberalen waren mitunter harte Kost. So wurden etwa Gelder für eine Tiertafel oder eine niedrigere Steuer für Kampfhunde nach bestandenem Charaktertest gefordert. In Sachen Mittagstisch an Schulen, wollten die Liberalen die Minimalverpflegung für die SchülerInnen. Butterbrot und Apfel reichen aus FDP-Sicht aus. Eine Forderung, die für GRÜNE schwer verdaubar war.
Ganz anders – so Sabine Göddenhenrich – stellten sich die Gespräche mit der christdemokratischen Verhandlungskommission dar. Diese Gespräche waren auf beiden Seiten von dem Bestreben geprägt, Kompromisse und Lösungen zu finden. Raus gekommen ist ein ungewöhnliches Papier, in welchem beide Parteien sich wieder finden. Es stellt die Themen Bürgerbeteiligung, Bildungsoffensive, Integration und Klimaschutz in den Mittelpunkt.
Bei der Abstimmung entielten sich lediglich drei der anwesenden Mitglieder, alle anderen votierten für den Koalitionsvertrag
GRÜNE Identität bewahren
Jetzt gilt es dieses Papier mit Leben zu füllen und Kritiker zu überzeugen. Das neue Bündnis muss den Widerspruch zu Entwicklungen und Koalitionen auf Landes- und Bundespolitik aushalten. WählerInnen die jetzt verunsichert sind, müssen in den nächsten fünf Jahren überzeugt werden, dass die GRÜNEN auch in einem schwarz-grünen Bündnis ihre grüne Identität wahren und der Stadt weiter eine grüne Handschrift geben. GRÜN ist GRÜN und bleibt GRÜN!