Aachener Nachrichten, Jutta Geese, 26.4.2008
Kreis Aachen. Zum dritten Mal in vier Wochen wollen an diesem Rechtsextreme in Stolberg aufmarschieren. Hunderte Gegendemonstranten werden erwartet.
Am Freitag zeigten bereits rund 1200 Bürger eindrucksvoll Flagge gegen Fremdenfeindlichkeit. Ihr Motto: Stolberg steht zusammen.
Auch die Städteregion steht bei der Bekämpfung von rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Tendenzen zusammen. Stadt und Kreis Aachen haben jetzt das Projekt «Demokratie stärken - für Vielfalt und Toleranz in der Städteregion» auf den Weg gebracht.
Ihr Ziel: Vernetzung von Initiativen, Entwicklung von Materialien für Schulen oder Kindergärten, Fortbildung von Multiplikatoren, Sensibilisierung der Öffentlichkeit, vor allem mit Blick auf Kinder und Jugendliche. «Wir können vielleicht nicht ganz verhindern, dass Jugendliche von Rechtsextremen beeinflusst werden», sagt Dr. Henrique Otten. «Aber wir können dafür sorgen, dass die Gegenkräfte stark sind. Und daran muss man ständig arbeiten.» Otten weiß, wovon er spricht. Seit 2001 ist er im Kreis-Projekt «Miteinander» engagiert, jetzt wird er mit seinem Kollegen Winfried Casteel von der Volkshochschule Aachen städteregional an dem Thema arbeiten. Auch Casteel hat viel Erfahrung, ist doch bereits seit 20 Jahren ein Schwerpunkt seiner Arbeit bei der VHS die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit in Aachen, aber auch die mit Rechtsextremismus neuerer Prägung. Und seit zehn Jahren ist er für das Projekt «Wege gegen das Vergessen» zuständig.
«Die Zusammenarbeit bei 'Demokratie stärken' ist in zweierlei Hinsicht sinnvoll», sagt Casteel. «Die Erfahrung zeigt, dass etwa Schulen nicht danach fragen, woher sie gute Unterrichtsmaterialien oder Referenten bekommen. Da gibt es schon jetzt viele Überschneidungen.
Zum anderen entspricht die städteregionale Zusammenarbeit der Lebenswirklichkeit der Menschen, sie orientieren sich nicht an Stadt- oder Kreisgrenzen.» Zudem, fügt Otten an, «ergänzen sich unsere Konzepte hervorragend». Aachen habe viel Erfahrung mit Fortbildung, der Kreis mit Modellprojekten. Als «sehr hilfreich» empfinden es beide, dass die Politik einstimmig hinter dem Projekt steht.
Rechtsextremismus sei zwar «nicht die dominierende Jugendkultur in der Region», sagt Casteel, «aber wir wissen, dass Rechtsextremismus immer vorhanden ist.» Und die «Kameradschaft Aachener Land» etwa versuche, Einfluss an Schulen zu gewinnen. Auch gebe es lokale Schwerpunkte der rechten Szene, «in Stolberg, aber auch woanders». Das bestätigt die Studie von Otten aus dem Jahr 2002 zur Einstellung von Jugendlichen im Kreis gegenüber Fremden, die derzeit aktualisiert wird.
Image «Es gibt zwar keinen großen Boom. Aber wenn wir nicht aufmerksam sind und kontinuierlich dagegen arbeiten, wird es schwierig.» Vor allem da, wo es keine starken Gegenkräfte gebe. Verschiedenen Untersuchungen zufolge haben fünf bis 15 Prozent der Bürger ein rechtsextremes Weltbild, erläutert Casteel. «Die 85 Prozent Andersdenkenden müssen wir so aufstellen, dass von den 15 Prozent keine Gefahr ausgeht.» Wobei er derzeit bei den Rechtsextremen eine stärkere Tendenz, sich zu vernetzen, beobachtet als bei den Gegenkräften.
Genau hier wollen Casteel und Otten ansetzen: Sie wollen die vielen Einzelinitiativen, die bislang eher neben- als miteinander arbeiten, zusammenbringen. «Alle, die in diesem Bereich arbeiten wollen, können sich beteiligen», sagt Casteel.
Weitere Infos gibt es bei Winfried Casteel unter 0241/4792-127 oder E-Mail: vhs.wege@mail.aachen.de sowie bei Dr. Henrique Otten, 0241/5198-3721, E-Mail: Henrique-Ricardo-Otten@kreis-aachen.de