GroKo ganz klein oder die Frage: Was ist eigentlich die Aufgabe von Politik? Es war eine Beschlussvorlage der Verwaltung, die aus unserem GRÜNEN Antrag „Aachen als Fairtrade-Town bekannt machen“ hervorgegangen war, die im Ausschuss Arbeit, Wirtschaft, Wissenschaft am 21. September 2016 einen Blick in das Jammertal der GroKo auftat.
Tenor: das Gütesiegel „Fair Trade City“ sei kein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt und stünde in der Prioritätenliste des Fachbereichs Wirtschaft nicht sehr weit oben. Aber die Verwaltung hatte immerhin 46 „faire Händler*innen“ ausgemacht und wollte diese telefonisch kontaktieren, um herauszufinden, ob für sie eine Beteiligung an einer Fairgoods Messe** vorstellbar wäre. Das Ergebnis sollte dann 2017 vorgelegt werden, um die Durchführung oder das Verwerfen der Idee einer Fairgoods-Messe in Aachen auf dieser Basis im Ausschuss zu entscheiden.
In der Diskussion entstand eine heftige Debatte zwischen GroKo und Opposition. Erstere führten das gängige Scheinargument an, dass das Thema „Wissenschaftsstadt Aachen“ Priorität hätte und der Verwaltung eine „erhebliche Mehrarbeit“ (O-Ton GroKo-Vertreter) von 46 Telefonaten nicht zuzumuten wäre.
Frau Kehren (SPD) und Herr Adenauer (CDU) stellten sich zudem die Frage: „Warum sollte sich die Stadt in diesem Themenbereich überhaupt engagieren?“ und dass es Wichtigeres gäbe, nämlich das Vermarkten des Wissenschaftsstandortes.
Zur Erinnerung: Der AWW tagte an einem Mittwoch. Am Samstag waren wieder 100.000e Menschen für fairen Handel und transparente Wirtschaftspolitik (also gegen TTIP und CETA) in Köln, Leipzig, München, Hamburg und anderswo auf der Straße. Irgendwie scheint nachhaltige Wirtschaftspolitik also doch viele Menschen zu bewegen. Zwischendrin hatte der Parteikonvent der SPD für CETA votiert. Da leuchtet es natürlich ein, dass Nachhaltigkeit als Aufgabe und Ziel (kommunal-)politischen Handelns aus Sicht der GroKo geradezu abwegig klingt. Aber es kam noch besser:
„Fair gehandelte und ökologisch erzeugte Produkte können mittlerweile in jedem Discounter erworben werden,“ marginalisierte die GroKo das Thema Nachhaltigkeit weiter.
Doch das Argument, dass sich mit dem individuellen Einkaufsverhalten die Aufgabe der Politik erschöpft hat, lassen wir nicht gelten. Zur Frage von Frau Kehren und Herrn Adenauer, was eigentlich die Aufgabe von Politik sei, hier ein kleiner Denkanstoß: Lifestyle ersetzt nicht politisches Handeln. Politik schafft Gestaltungsräume. Dazu bedarf es aber einer Vorstellung von der Zukunft, die hier offensichtlich dem einen oder anderen fehlt …
Zum Schlagwort Wissenschaftsstandort:
25% der Aachener*innen sind Studierende, die Hochschulen sind die größten Arbeitgeberinnen und der größte Wirtschaftsfaktor in der Region, Technologietransfer und Innovationen pulsieren am Standort: beste Voraussetzungen für eine Fairgoods Messe, die den Schritt aus dem Lifestyle nimmt und einen zukunftsorientierten Rahmen für den bürgerschaftlichen Diskurs schafft in der Stadt. Und damit auch zu einem politischen Statement wird, dass hier Visionen für die Zukunft Wirklichkeit werden.
Das Aus für eine Fairgoods Messe
Mit den Stimmen der GroKo erging der dann Beschluss, die Vorarbeiten für eine Fairgoods Messe zu begraben. Wieder einmal ein trauriges Beispiel dafür, wie oberflächlich, sinnentleert und ideenlos die GroKo agiert. Seitens der GroKo wird altbackenes Denken verwaltet, ohne den Blick in die Zukunft zu wenden.
Rahmenbedingung zu schaffen, um ressourcenärmer zu wirtschaften und klimafreundliche technische Entwicklungen voran zu bringen: Das geht zur Zeit weder in Berlin und auf kommunalpolitischer Ebene, noch in Aachen. Wir von Bündnis 90 /DIE GRÜNEN arbeiten an Optionen und Mehrheiten dafür … wer Lust hat dabei mitzutun, kann das z.B. in unserer AG Wirtschaft oder der AG Nachhaltiger Konsum tun. Ihr seid herzich willkommen!
Katrin Feldmann, sachkundige Bürgerin im Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft, Wissenschaft
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** Fairgoods Messe: Dort werden neben entsprechenden Produkten auch Fach-Vorträge und ein Rahmenprogramm rund um die Themen Nachhaltigkeit angeboten. Bisherige Standorte sind z.B. Köln, Mainz, usw. Aachen wäre eine gute Option. Organisiert werden die Messen in anderen Städten von Ecoventa, einer Berliner Star-Up Agentur für ökologische Veranstaltungen.