Prioritäten im städtischen Haushalt sind falsch gesetzt

GRÜNE fordern für Aachen Investitionen in Verkehrsinfrastruktur und Wohnungsbau.

Die Fraktion der GRÜNEN hat die Haushaltsberatungen abgeschlossen. Im Ergebnis sehen die GRÜNEN erheblichen Handlungsbedarf, die Prioritätensetzungen zu verändern. Sie fordern für Aachen Investitionen in Verkehrsinfrastruktur und Wohnungsbau.

Der Schwerpunkt der Investitionsplanung der Stadt liegt bisher eindeutig bei der Sanierung des ehemaligen Spielcasinos an der Monheimsallee. Wegen der als unabweisbar bezeichneten Finanzierung des 50 Millionen EUR teuren Projekts müssen alle anderen Projekte hinten anstehen.

Kein Geld findet sich im städtischen Haushalt für die Fertigstellung der Sanierung des Freibads am Hangeweiher, kein Euro für die Erweiterung des Verwaltungsgebäudes am Marschiertor oder die neue Feuerwache in Burtscheid. Aus dem kürzlich im Rat verabschiedeten Feuerwehrbedarfsplan ergeben sich notwendige Investitionen von noch einmal rund 40 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren. In der Finanzplanung steht davon nichts.

Was nützt den Bürgerinnen und Bürgern ein luxussaniertes Neues Kurhaus, wenn sie ihre Wohnung nicht bezahlen können oder erstmal überhaupt keine finden? Aus Sicht der GRÜNEN fehlen dringend erforderliche, zusätzliche Investitionen zum Abbau der Wohnungsnot. Ein zweites essentielles Thema ist der Ausbau der Radinfrastruktur und des ÖPNV.

Melanie Seufert, die Vorsitzende der GRÜNEN Fraktion, dazu: „So geht die Haushaltsplanung vollkommen am Bedarf der Menschen vorbei. Angesichts der Dimension des sonstigen Investitionsbedarfs haben wir ganz andere Sorgen als die Sanierung des ehemaligen Spielcasinos. In Aachen fehlen 5000 Wohnungen. Deshalb fordern wir seit Jahren schon ein städtisches Wohnungsbauprogramm. Und um die Luft in Aachen besser machen zu können, brauchen wir Geld für den Ausbau der ASEAG und ein sicheres Radwegenetz – und nicht mit erster Priorität ein neues Kongressgebäude.“

Kommunales Wohnungsbauprogramm
In den nächsten vier Jahren wollen die GRÜNEN jeweils 10 Millionen Euro für den Bau städtischer Wohnungen beispielsweise in Richterich, in Brand oder im Bereich des neuen Hochschulerweiterungsgebietes Campus West bereitstellen. Angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt haben die GRÜNEN kein Verständnis für die bislang ablehnende Haltung der Rathausmehrheit in dieser Frage. Nur wenn die Stadt selbst als Bauherr Wohnungen baut, bleiben diese Wohnungen auf lange Sicht unter öffentlicher Kontrolle und bezahlbar. Ein wachsender städtischer Wohnungsbesitz wäre ein wichtiges Gegengewicht bei stetig steigen Mieten auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt.

Vorfahrt für Bus und Rad
Jährlich 5 Millionen Euro mehr wollen die GRÜNEN für den Ausbau des ÖPNV bereitstellen. Mit dem Geld sollen Taktverdichtungen auf stark frequentierten Buslinien und der Aachener Beitrag für neue Schnellbuslinien vor allem in den Nordkreis finanziert werden. Außerdem soll untersucht werden, wie ein vereinfachtes Tarifsystem nach dem Vorbild der Stadt Wien entwickelt und vor allen Dingen finanziert werden kann. Ein stetig wachsendes Netz, kurze Intervalle, hohe Qualitätsstandards hinsichtlich Sicherheit und Barrierefreiheit sowie die laufende Modernisierung des Fuhrparks sind heute die Anforderungen, wenn man erreichen will, dass der überwiegende Teil der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

In der österreichischen Hauptstadt gibt es seit 2012 das „365 Euro-Ticket“. Mittlerweile gibt es in der Stadt mehr Jahresabos für die Wiener Linien als angemeldete Autos. Für einen solchen Erfolg muss allerdings auch die Qualität des Angebots stimmen. Darauf zielt der Vorstoß der GRÜNEN bei diesen Haushaltsberatungen. Gespannt beobachtet man zudem die Entwicklung in Bonn. Dort wird zum 1. Januar ein 365 Euro-Ticket mit starker finanzieller Unterstützung aus dem Bundesprogramm „Saubere Luft“ angeboten. Busfahren muss Spaß machen und Komfort bieten. Davon ist die ASEAG noch weit entfernt.

Ein weiterer wichtiger Baustein für die Verbesserung des ÖPNV-Angebots vor allem für Pendlerinnen und Pendler könnte natürlich auch das RegioTram-Projekt der Städteregion sein. Deshalb will die GRÜNE Fraktion im kommenden Jahr auch Gelder für die Planung eines möglichen Streckenabschnitts auf dem Gebiet der Stadt Aachen in den städtischen Haushalt einstellen.

Neben dem Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs ist es den GRÜNEN ein besonderes Anliegen, die Infrastruktur für den Radverkehr auszubauen. Hierfür sollen in den nächsten Jahren ebenfalls rund 2,5 Millionen Euro investiert werden, um die großen Kreuzungen für Radfahrende sicherer zu machen, das Radwegenetz auszubauen und die geplanten Radvorrangrouten auf dem Grabenring als Radverteilerring zusammenzuführen.

Für mehr Bäume und weniger Lärm
Die politischen Beschlüsse für das „10.000 Bäume-Programm“ gibt es seit Jahren. Aber bei der Umsetzung kommt die Stadt nicht wirklich voran. Deshalb sollen nach dem Willen der GRÜNEN zwei Jahre lang jeweils 40.000 Euro zur Verfügung gestellt werden, um das Stadtgebiet auf mögliche Baumstandorte auch auf Kosten von Stellplätzen für parkende Autos untersuchen zu lassen.

Mit jährlich 150.000 Euro wollen die GRÜNEN Maßnahmen zur Umsetzung des Lärmaktionsplans voranbringen. Aus diesem Finanztopf sollen konkret etwa Mehrkosten von Flüsterasphalt bei Straßenbau- oder Reparaturmaßnahmen oder ähnliches finanziert werden.

Gegen das Insektensterben
Dort wo die Stadt eingreifen kann, soll die Biodiversität bei der Pflege und der Unterhaltung von Grünflächen, Feldwegen und Ackerrandflächen gestärkt. Auch hierfür wünschen sich die GRÜNEN einen Betrag von 30.000 Euro jährlich im städtischen Haushalt.

Stärkung der Verwaltung
Insgesamt sehen die GRÜNEN mit Sorge, dass die Verwaltung nicht genügend gestärkt wird, um der Fülle von Aufgaben in verschiedenen Bereichen nachzukommen. Eine Reihe von Fördertöpfen zur Luftreinhaltung, zur Schulentwicklung oder zur Digitalisierung machen zusätzliche Projekte möglich. Gleichzeitig steht die Verwaltung vor einem demographischen Umbruch. Immer mehr altgediente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in den verdienten Ruhestand und es ist nicht leicht, junge Fachkräfte für die Verwaltung zu gewinnen. An dieser Stelle konkurriert die Verwaltung mit der Wirtschaft. Es geht jetzt darum, die Führungskräfte von morgen auszubilden und zu fördern.

Deshalb ist es erforderlich, für einen Übergangszeitraum auch verstärkt Aufträge nach außen zu vergeben. Damit kann man Engpässe überbrücken und wichtige Projekte zügig abarbeiten. Zudem sollte mit einer Organisationsuntersuchung überprüft werden, wo in der Verwaltung weitere Neueinstellungen vorgenommen werden müssen.

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