Reise nach Kapstadt 2011

Ein Bericht von Sabine Göddenhenrich.

In Südafrika sind die Jahreszeiten den unseren entgegengesetzt und so verlassen wir Aachen an einem sonnigen Herbsttag, um rund 24 Stunden später an einem warmen Frühlingstag in Kapstadt einzutreffen. Unsere Delegation, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, Politik und Verwaltung der Stadt Aachen, wird in Kapstadt mit großer Herzlichkeit und Gastfreundschaft empfangen.

Die Partnerschaft mit Kapstadt, der Metropole am südlichsten Ende Afrikas mit 3,7 Mio. Einwohnern auf einer Fläche von 2.400 km², ist im Rahmen der Agenda 21 eine Besonderheit unter Aachens Städtepartnerschaften. Nach dem Ende der Apartheid  hat die Partnerschaft Ende der 90ger Jahre zwischen dem Welthaus Aachen und KERIC, einer südafrikanischen Bildungsorganisation im Township Khayelitsha in Tygerberg, begonnen und wurde im Jahr 2000 als offizielle Partnerschaft von beiden Städten unterzeichnet. Noch im selben Jahr wurde Tygerberg und damit auch Khayelitsha ein Stadtteil von Kapstadt. Seitdem besteht die Partnerschaft zwischen der Stadt Aachen und Kapstadt.

Die 7-tägige Reise hatte ein volles Programm mit Besuchen bei allen gemeinsamen Projekten der Aachener und Kapstädter Partner. Gleich am Montagmorgen wurden die von Stadtoasen Aachen e.V. und den Kapstädter Projektschulen angelegten Schulgärten besichtigt. Bei allen vier Partnerschulen sind das Interesse und die Freude an der gemeinsamen Arbeit groß. Die Gärten und Spielanlagen werden von den Schülern und Schülerinnen angenommen und gepflegt. Aber auch Zerstörung und Schäden durch Vandalismus wurden angesprochen. Von den in den vergangenen Jahren mit Schülern und Schülerinnen erstellten Wandbildern an Schulgebäuden und Busstationen waren alle erhalten und keines zerstört. Ein neues Wandbild entstand während unseres Aufenthaltes.
 
Neben einem offiziellen Empfang durch Vertreter der Stadt gab es eine eindrucksvolle Vorstellung eines städtebaulichen Projektes im Township Khayelitsha, welches den Stadtteil aufwerten und das Zusammenleben verbessern soll. Sehr beeindruckend war der Besuch bei Abalimi Bezekhaya. Abalimi heißt „Farmer rund ums Haus“. Mit den Geldern aus dem Klimaticket werden Gemüsegärten für Township-Bewohner aufgebaut. Auf einem 100m² großen Grundstück, einem Starter-Paket mit Setzlingen sowie Anleitung und Hilfe beim Gartenbau kann eine Familie sich eine Nahrungsgrundlage schaffen. Das Projekt läuft seit Jahren erfolgreich, die Überschüsse werden zu garantierten Preisen angenommen und an Einzelabnehmer weiterverkauft: Funktioniert wie die Bio-Kiste hierzulande: garantiert frisches Bio-Gemüse bester Qualität.

Am Dienstagabend waren wir zu einem wundervollen Konzert in Elsies River eingeladen. Dorthin brachten wir auch die aus Aachen mitgebrachten Musikinstrumente. Die drei Gitarren, die Geige und alle Flöten sind heil angekommen und wurden mit großem Applaus entgegen genommen. Die jungen Musiker und Musikerinnen brachten ein eindrucksvolles Programm zwischen Klassik, Jazz und Pop mit hohem Können und großer musikalischer Freude dar. Die Müdigkeit nach einem harten Tag war bei allen im wahrsten Wortsinn „weggeblasen“.

Die Fahrräder, welche bei der letzten Fahrradaktion Anfang Oktober in Aachen gesammelt wurden, trafen per Container am ersten November-Wochenende ein. Sie werden durch BEN, Bycicle Empowerment Network, in Kapstadt aufbereitet und in den Townships an Benutzer abgegeben, da Mobilität in Kapstadt schwierig und teuer ist. BEN betreibt Fahrradwerkstätten, in denen Bewohner aus benachteiligten Stadtvierteln ausgebildet werden und Arbeit finden. Das Projekt läuft seit Jahren sehr erfolgreich.

Die Woche war angefüllt mit einer Vielzahl an Besuchen, Informationen und Gesprächen. Die gegenwärtigen Probleme, vor denen Südafrika steht, die Überwindung der Folgen der Apartheid, die ihre Wurzeln in der Kolonialisierung und der Versklavung der Bevölkerung hat, sind nur vor diesem Hintergrund zu verstehen und zu lösen.

Ein ganztägiger Workshop mit einem gelungenen Austausch zwischen allen Projektpartnern, Vertretern aus Politik und Verwaltung brachte Einsichten und Erkenntnisse auf allen Seiten. Das gemeinsame Verständnis von Partnerschaft und eine hohe Verbundenheit durch persönliches Engagement sind eine hervorragende Grundlage der Partnerschaft Aachen-Kapstadt.

Das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind wichtige Themen in Kapstadt. Auch wenn Armut, Arbeitslosigkeit und die Probleme in den Townships vordringlich sind, beinhalten die Konzepte zur Entwicklung der Stadt zunehmend Klimaschutzaspekte. Die Stadt hat ein neues und umfangreiches Konzept zur Entwicklung des Öffentlichen Verkehrs vorgelegt. Bisher ist der Autoverkehr sehr stark. Öffentliche Verkehrsmittel werden hauptsächlich von den ärmeren Bewohnern außerhalb des Zentrums benutzt. Allerdings sind sie teuer. So muss z.B. eine Putzfrau aus einem Township etwa ein Drittel ihres Lohnes (der umgerechnet etwa 200 Euro im Monat beträgt) für den Transport ausgeben.

Artenschutz und der Erhalt der besonderen Vegetation ist im öffentlichen Bewusstsein. Naturschutzgebiete werden erweitert. Die Entfernung nicht einheimischer Vegetation, sog. „aliens“, wird mit Aufwand und auch Erfolg betrieben, denn diese Arten verdrängen einheimische Pflanzen, von denen sehr viele nur dort vorkommen. Andere Beispiele: Es gibt ein ausgesprochen informatives „Smart Living Handbook“, welches auch durch die Agenda Partnerschaft mit initiiert wurde und für Beratung und Unterricht geeignet ist. Die Kantine der Verwaltung kocht an jedem Montag vegetarisch. Und das bei einer traditionell sehr fleischhaltigen Ernährung!

Wir haben bei diesem Besuch eine tolle und lebendige Stadt erlebt und sehr interessierte und engagierte Menschen kennen lernen dürfen, deren große Gastfreundschaft, Offenheit und Herzlichkeit sehr beeindruckend ist. Die Partnerschaft Aachen-Kapstadt ist eine Bereicherung für beide Städte.

(Ein Bericht von Sabine Göddenhenrich, Grüne Ratsfrau und Vorsitzende des Umweltausschusses der Stadt Aachen)

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