Wie kann eine Verbesserung bei klimaschädlichen Emissionen und ein sparsamerer Verbrauch von Ressourcen im Bereich Wärme erreicht werden? Was sind wirksame Maßnahmen beim Energiesparen, welche politischen Instrumente müssen zum Einsatz gebracht werden, um Verbesserungen in der Wärme- und Energieeffizienz zu erreichen? Was wird in Aachen bereits getan, wo besteht noch der Bedarf an Weiterentwicklung?
Über diese Fragen diskutierten wir am vergangenen Donnerstag Wibke Brems, Sprecherin der GRÜNEN für Energie- und Klimapolitik im Landtag NRW, Martin Knörzer, Lehrer für Biologie und Chemie am Couven-Gymnasium und Michael Stephan, Geschäftsführer von altbau plus.
Das Couvengymnasium - ein Pionier der Energiewende
Klimaschutz wird am Couven Gymnasium groß geschrieben, ganz nach dem Motto: Global denken, lokal handeln. Durch die vielen Fenster des Schulgebäudes, ist die Lichtzufuhr zwar gut, gleichzeitig geht jedoch auch viel Wärme verloren. Um diesem Problem zu begegnen beschäftigten sich Schüler*innen einer 10. Klasse im Rahmen einer Projektwoche mit dem Thema Energieeffizienz. Sie kamen auf die Idee, eine Solaranlage für die Schule zu beschaffen. Dann wurden Vorträge gehalten, Überzeugungsarbeit geleistet, Gelder eingeworben. So kam es, dass die Schule 1996 die erste netzgekoppelte Solarstrom-Schulanlage erhielt.
„Unsere Schule ist ein Pionier der Energiewende gewesen“, erläutert Martin Knörzer, Lehrer für Biologie und Chemie am Couven-Gymnasium stolz. „Mit 54.000 DM war die Anlage noch ziemlich teuer damals. Seit 2009 ist die Anlage nun abbezahlt. 2006 kam noch eine Solarthermieanlage dazu, um Wasser für die Duschen in der Sporthalle zu erwärmen. Heute erzeugt die Anlage insgesamt 90.000 kw Stunden im Jahr. Das überschüssige Geld der Stromanlage wird heute in Projekte der Umweltbildung reinvestiert.“
Mit der Solaranlage auf dem Dach leistet die Schule einen regionalen Beitrag zum Klimaschutz vor Ort. Heute würde eine solche Anlage nur noch 5000 Euro kosten, weil die Produktionskosten für Solaranlagen durch die massenhafte Produktion erheblich gesenkt werden konnten.
Wärme, Strom und Verkehr miteinander verzahnen
„NRW kommt beim Klimaschutz eine bedeutende Rolle zu“, lautete die Botschaft von Wibke Brems, Dipl.-Ing. Elektrotechnik und Sprecherin der GRÜNEN für Energie- und Klimapolitik im Landtag NRW. „Mit einem CO2 Ausstoß von 14,8 Tonnen pro Kopf im Jahr erzeugt NRW 1/3 der deutschen C02 Emissionen. Im Vergleich dazu liegt die USA mit 17 Tonnen pro Kopf im Jahr nur leicht darüber. Ohne bessere Wärme- und Energieeffizienz ist der Klimaschutz in NRW nicht möglich.“
Gerade der Wärmeverbrauch sei deutschlandweit enorm. Fast die Hälfte des Endenergieverbrauchs müsse in Wärme investiert werden. Rund 20% entfielen auf Strom, knapp 30% auf den Verkehr. „Warum ist der Wärmeanteil am Gesamtverbrauch nach wie vor so hoch, obwohl in Deutschland seit Jahren in wärmeeffiziente Dämmmaßnahmen an Wohnhäusern investiert wird?“, wollte einer der anwesenden Schüler wissen. Grund dafür sei die gestiegene Wohnfläche pro Kopf, die alle positiven Effekte wieder zunichte mache, antwortete Wibke Brems.
Das grundsätzliche Problem der Stromversorgung aus Erneuerbaren sei, dass Wind und Sonne nicht immer vorhanden und die Speichermöglichkeiten noch nicht ausgereift seien. Deshalb liege die Zukunft der Energieversorgung darin, dass Wärme, Strom und Verkehr stärker miteinander verzahnt werden. Mit überschüssigem Strom könne dann geheizt oder Elektroautos geladen werden, so die Grüne Landtagsabgeordnete. Darüber hinaus sei es wichtig, die wärmeeffiziente Gebäudesanierung weiter zu forcieren und die Energieverschwendung einzudämmen. In der nächsten Woche wird der Klimaschutzplan im Landtag in NRW mit entsprechenden Maßnahmen verabschiedet. Ihr eindeutiger Apell lautet: „Es ist höchste Zeit, etwas zu tun! Denn auch in NRW sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits spürbar, etwa durch die sich verschiebenden Blühzeiten der Pflanzen.“
Wie man aus Altbau wieder Altbau+ macht erläuterte Michael Stephan, Geschäftsführer des gleichnamigen Vereins. Beste Einsparpotentiale für Energiebewusste lägen in der Dämmung der Fassade, einer guten Heizungstechnik und guten Fenstern. „Vor allem bei den wärme-ineffizienten Rolllädenkästen gebe es des Öfteren Ehestreit“, witzelte Michael Stephan.
Energiepolitisch interessiertes Publikum
Im Anschluss an die Vorträge gab es viele interessierte Fragen vor allem aus dem Kreis der anwesenden Schüler*innen. „Ist eine Entwicklung von China und Indien mit 100% erneuerbare Energien überhaupt möglich? Kohle ist doch viel billiger“, lautete eine skeptische Frage unter anderen.
„100% erneuerbare Energien ist auch für die Schwellenländer möglich“, antwortete Wibke Brems. „Die ganze Welt schaut gerade auf Deutschland, wie wir das mit der Umstellung auf 100% Erneuerbare hinbekommen. Hier übernimmt Deutschland eine Vorbildfunktion. Wenn das bei uns klappt (und bei uns wird es klappen), dann ziehen andere Länder auch nach. Außerdem ist Kohle nicht günstiger. Grund für den niedrigen Strompreis aus Kohleenergie sind die externen Kosten, die nicht auf den Strompreis angerechnet werden. Es muss viel Energie aufgewendet werden, um die Kohle zu fördern. Ein hoher Co2 Ausstoß und riesige Löcher in der Landschaft sind die Folge. Außerdem gibt es auch versteckte Kosten, wie z.B. die Verlegung der A4 für den Tagebau Hambach, die die Steuerzahler*innen bezahlen mussten.“
In Anbetracht der Zeit und der vielen weiteren Fragen, wurde ein erneuter Termin zwischen der anwesenden Schulklasse und Wibke Brems entweder im Landtag oder als Besuch in Aachen vereinbart.
Melanie Seufert