Beschluss des GRÜNEN Bundesvorstandes und der Spitzenkandidaten zur Europawahl, Rebecca Harms und Sven Giegold: TTIP: So nicht! Verhandlungen stoppen und Mandat vom Kopf auf die Füße stellen.
Der Widerstand gegen das geplante amerikanisch-europäische Handelsabkommen TTIP wächst auf beiden Seiten des Atlantiks. Doch die Kritikpunkte von Umweltverbänden, Gewerkschaften und VerbraucherschützerInnen werden von der Europäischen Kommission als „Mythen“ abgetan. Unbeeindruckt von den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger treibt die Kommission die TTIP-Verhandlungen weiter voran.
Doch einen Etappensieg haben alle im Europawahlkampf bereits errungen, die weder weniger Verbraucherschutz wollen, noch akzeptieren, dass Unternehmen demokratische Staaten vor Geheimgerichten auf Milliardenentschädigungen verklagen können: TTIP ist aus den Hinterzimmern in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dazu hat auch die Veröffentlichung des Verhandlungsmandates durch die Grüne Fraktion im Europaparlament beigetragen. So wurde offensichtlich, wie die meisten Bürgerinnen und Bürger das Abkommen weitaus kritischer betrachten als die europäischen Spitzenkandidaten der Großen Koalition, Jean-Claude Juncker und Martin Schulz.
Damit wird die Europawahl am 25. Mai auch eine Abstimmung über TTIP. Wir Grüne stehen dabei auf der Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der zivilgesellschaftlichen Gruppen, die dieses Abkommen ablehnen. Wir fordern den Stopp der Verhandlungen! Vor einem Neustart müssten die Gespräche auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden: transparent, mit Einbeziehung der Zivilgesellschaft und mit dem Ziel fairen Handels unter Wahrung höchster Umwelt-, Verbraucher- und Sozialstandards.
Juncker und Schulz müssen jetzt klar Stellung beziehen: Wie soll es mit TTIP nach der Wahl weitergehen? Besonders Martin Schulz muss aufhören, den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen zu streuen. Entweder bekennt er sich endlich zu der Pro-TTIP Position seiner Fraktion oder er erklärt, warum sie bis vor kurzem noch auf dem Holzweg war.
Die Europäerinnen und Europäer sind stolz auf ihre Umwelt- und Verbraucherrechte. Sie gehören zu den großen Errungenschaften der Europäischen Union. Die Bürgerinnen und Bürger haben hart für ihre Rechte als VerbraucherInnen und ArbeitnehmerInnen und hohe ökologische und soziale Standards gekämpft. Wir Grüne haben diesen Kampf gemeinsam mit der Zivilgesellschaft geführt und werden jetzt nicht zulassen, dass diese Erfolge durch TTIP untergraben werden. Ein Handelsabkommen, das unsere ökologischen und sozialen Standards untergräbt, ist auf Sand gebaut.
Stattdessen muss es bei der Vertiefung der Partnerschaft zwischen der EU
und den USA um fairen Handel gehen, um Impulse für die ökologische Modernisierung der Wirtschaft und um Regeln, die dem Wohl aller in einer globalisierten Welt dienen. In diesem Rahmen sind Bündnis 90/Die Grünen nicht gegen den Abbau von Handelshemmnissen oder die Vereinheitlichung von Normen. Einheitliche Vorgaben für Crashtests von Kraftfahrzeugen oder Handy-Ladegeräte sind sinnvoll. Dafür gibt es aber einen klaren Kompass: Umweltschutz, soziale und Verbraucherschutzstandards sowie Demokratie sind keine Handelshemmnisse – sie sind die Grundlage für nachhaltigen Wohlstand und gemeinschaftliches Auskommen.
Auch fordern wir, dass die EU ihre Stimme einsetzt, um Regeln im internationalen Handel zu schaffen, so dass die Interessen aller Regionen berücksichtigt werden. Allerdings haben wir mit Blick auf die fehlende Transparenz, die Ausgestaltung des Handlungsmandats der Europäischen Kommission und den Ausbau der Schattenjustiz für Investoren wenig Hoffnung, dass dieses TTIP dafür genutzt wird.
Durch die Setzung hoher Standards könnten wir Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit bieten und Anreize für die ökologische und soziale Modernisierung der Wirtschaft schaffen. So würden wir die Chance ergreifen und aktiven Klimaschutz, Teilhabe und nachhaltigen Wohlstand verbinden.
Wir fordern:
- dieses TTIP zu stoppen und das Verhandlungsmandat vom Kopf auf die Füße zu stellen,
- die Europäischen Umwelt- und Sozialstandards zu schützen,
- keine Investor-Staat-Klagen zuzulassen,
- sicher zu stellen, dass die Europäische Union höhere Standards beschließen kann, ohne europäische Unternehmen zu benachteiligen,
- neue Verhandlungen über fairen Handel nur auf der Basis von Transparenz, Beteiligung und gesicherten Standards zu beginnen.