Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Hochwasser und nachhaltige Waldwirtschaft standen in diesem Herbst in Glasgow im Fokus der Weltöffentlichkeit: Mehr als 100 Staaten haben sich zum Schutz ihrer Wälder verpflichtet, weil sie wichtige Säulen im Kampf gegen die weitere Erderwärmung sind. Aber den Wald zu schützen, damit tut sich Deutschland immer noch schwer. In Aachen soll sich das jetzt ändern: Am vergangenen Mittwoch brachten alle sechs Fraktionen dazu den Ratsantrag „Aachener Wald zukunftsfähig und klimaresilient aufstellen“ ein.
In der Stadt Aachen sind die Voraussetzungen für naturnahe Wälder sehr gut: Denn schon seit 25 Jahren bewirtschaftet das Forstamt nach den Vorschriften des Forest Stewardship Council (FSC). Vor der Umstellung auf den FSC-Standard wurden auch in Aachen hauptsächlich Nadelbaum-Monokulturen gepflanzt. Diese Baumarten sind hier nicht heimisch und auch nicht widerstandsfähig. Trockenheit und Stürme – und dann auch noch der Borkenkäfer – treffen sie viel stärker als heimische Stieleichen oder Rotbuchen.
Im Aachener Stadtwald gibt es also beste Voraussetzungen, nun den nächsten Schritt in eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu gehen.
Mit der „Nationalen Biodiversitätsstrategie“ (NBS) hat die Bundesregierung schon 2007 klare Ziele für den Wald beschlossen. Ziel ist es, fünf Prozent aller Wälder (10 % der Wälder in öffentlicher Hand) aus der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung zu nehmen. Dieses Ziel wollen wir kurzfristig erreichen. Denn dadurch wird die Bindung von Treibhausgasen, die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen Starkwetterereignisse und ihre Ökosystemfunktionen verbessert.
Natürlich, so sind sich die Fraktionen von Grüne, CDU, SPD, Zukunft, FDP und DIE LINKE einig, werfen Stilllegungen auch Fragen auf, denn der Wald ist im dicht besiedelten Gebiet nicht nur Ökosystem, sondern auch wichtiger Erholungsraum und Holzlieferant.
Zu eben diesen Fragen war Anfang November Dr. Lutz Fähser, Lübecker Forstamtsdirektor i.R., auf Initiative der grünen sachkundigen Bürgerin Anja Fitter in Aachen, um Umweltpolitiker*innen und Mitglieder der Verwaltung über das 1994 eingeführte „Lübecker Modell für naturnahe Waldwirtschaft“ zu informieren.
Dabei wurde auch deutlich, dass das „Lübecker Modell“ und der seit mehr als 25 Jahren praktizierte, naturnahe Bewirtschaftungsansatz der Stadt Aachen viele Gemeinsamkeiten haben.
Um die Vorgaben der NBS zu erfüllen, muss die Stadt Aachen etwa 235 Hektar Wald als „Wildnisentwicklungsgebiet ausweisen“, wie es das Landesnaturschutzgesetz nennt, also aus der aktiven Bewirtschaftung nehmen.
Wildnisgebiete schaffen Rückzugsorte für Flora und Fauna.
Mehr noch sind naturnah bewirtschaftete Waldflächen von großer Bedeutung als CO2-Speicher, sichern ein feuchtes und kühles Binnenklima und erhöhen die Wasserspeicherkapazität des Bodens.
„Die Beschlüsse des Weltklimagipfels in Glasgow sind ein wichtiger Ansporn für uns in Aachen, unsere Wälder besser zu schützen“, kommentieren die umweltpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen. „Wir brauchen naturnahe Wälder, die möglichst viel CO2 und Wasser speichern, und an den schnell voranschreitenden Klimawandel angepasst sind. Die Erkenntnisse aus Lübeck sind dafür wichtige Anstöße.“
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